Rechte und Pflichten des Prokuristen

I. Einleitung

Die Prokura, ein Konzept aus dem schweizerischen Rechtssystem, wurde erfolgreich in das türkische Recht übernommen. Da das schweizerische Recht eng mit dem deutschen Recht verwandt ist, weisen die Definitionen und Befugnisse des Prokuristen in der Türkei erstaunliche Ähnlichkeiten mit denen in Deutschland auf. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Aspekte der Prokura im türkischen Kontext und richtet sich insbesondere an Limited-Gesellschaften, da diese die bevorzugte Unternehmensform für ausländische Investoren in der Türkei darstellen und die Prokura in anderen Gesellschaftsformen nur geringfügige Abweichungen aufweist.

II. Benennung des Prokuristen

Die Ernennung eines Prokuristen in einer Limited-Gesellschaft erfordert einen Gesellschafterbeschluss, der im Handelsregister eingetragen und veröffentlicht werden muss. Die Eintragung im Handelsregister hat zwar hauptsächlich deklaratorischen Charakter, da die Prokura durch die formelle Ernennung und den Gesellschafterbeschluss bereits wirksam wird und intern zwischen dem Kaufmann und dem Prokuristen gilt.

Der benannte Prokurist muss persönlich bei einem Notar erscheinen (dies ist auch in Deutschland möglich) und ein notariell beglaubigtes Unterschriftsmuster vorlegen. Auch dieses Muster muss dem Handelsregister zur Veröffentlichung vorgelegt werden.

III. Definition

Gemäß Artikel 449 des türkischen Obligationengesetzes (OG) ist ein Prokurist eine Person, die ausdrücklich oder konkludent vom Inhaber eines Handelsbetriebs, einer Fabrik oder einer anderen kaufmännischen Einrichtung zur Geschäftsleitung und zur Unterzeichnung von Dokumenten im Namen des Handelsgewerbes bevollmächtigt ist. Die Vollmacht muss im Handelsregister eingetragen werden.

IV. Umfang der Befugnisse des Prokuristen

Prokuristen haben das Recht, nicht nur gewöhnliche Geschäfte, sondern alle im Unternehmenszweck definierten Rechtsgeschäfte im Namen des Kaufmanns verbindlich abzuschließen. Der Umfang der Vertretungsbefugnis des Prokuristen ist somit weitreichend.

Die gesetzlichen Grenzen dieser Befugnisse sind in Artikel 450 und 451 OG festgelegt. Danach kann der Prokurist folgende Rechtsgeschäfte gemäß der gesetzlichen Regelung abschließen:

  1. Eingehen von Wechselverbindlichkeiten, einschließlich der Ausstellung von Wechseldokumenten wie Schecks, Schuldscheinen und Versicherungspolicen.
  2. Durchführung aller dem Gesellschaftszweck dienenden Rechtsgeschäfte, wie die Einstellung von Mitarbeitern, die Übernahme von Bürgschaften und Darlehen, die Gründung von Filialen, der Einkauf und Verkauf von Waren sowie die Beteiligung an anderen Unternehmen.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass türkische Behörden und Geschäftspartner in der Regel eine detaillierte schriftliche Vollmacht mit genauen Beschreibungen der Befugnisse verlangen, obwohl das Gesetz eine breite Befugnis vorsieht. In der Türkei ist es daher ratsam, die erteilten Befugnisse während der Prokuraerstellung ausführlich zu definieren.

V. Beschränkung der Befugnisse des Prokuristen

Ein Prokurist darf bestimmte Rechtsgeschäfte nicht ohne ausdrückliche Genehmigung abschließen, wie in Artikel 450 II OG festgelegt. Diese Geschäfte umfassen:

  1. Übertragung von Immobilien.
  2. Belastung von Immobilien.

Prokuristen dürfen insbesondere folgende Geschäfte nicht abschließen:

  1. Verkauf des Unternehmens.
  2. Beendigung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens.
  3. Beantragung der Insolvenz.

Die Vertretungsbefugnis kann auch auf bestimmte Filialen (Filialprokura) oder gemeinsame Vertretung mit anderen Bevollmächtigten (Gemeinschaftliche Prokura) beschränkt werden, wie in Artikel 451 OG festgelegt. Diese Beschränkungen sind gegenüber gutgläubigen Dritten nicht wirksam, was bedeutet, dass Geschäfte, die von einem Prokuristen ohne entsprechende Befugnis abgeschlossen werden, den Kaufmann dennoch binden, und der Prokurist haftet in solchen Fällen für Schadensersatz.

VI. Wettbewerbsverbot

Gemäß Artikel 455 OG gilt ein gesetzliches Wettbewerbsverbot für Prokuristen. Sie dürfen ohne ausdrückliche Genehmigung des Kaufmanns weder in eigenem Namen noch im Namen Dritter in den Geschäftsbereich des Unternehmens eingreifen. Verstöße gegen dieses Verbot berechtigen den Kaufmann zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.

VII. Beendigung der Prokura

Die Prokura kann jederzeit durch den Widerruf des Kaufmanns oder die Kündigung des Prokuristen beendet werden, wie in Artikel 456 OG festgelegt. Es ist wichtig zu beachten, dass die Beendigung der Prokura und die Beendigung des Dienstverhältnisses getrennte Angelegenheiten sind und nach arbeitsrechtlichen Bestimmungen geregelt werden.

Sowohl die Erteilung als auch die Beendigung der Prokura müssen im Handelsregister eingetragen werden (Artikel 452 I OG). Im Außenverhältnis bleibt die Prokura solange gültig, bis sie aus dem Handelsregister gelöscht ist (Artikel 452 II OG).

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